Die Angst ist in diesen Tagen ein dominierendes Gefühl. Sie speist sich aus allerlei Nachrichten: sei es aus dem Fernsehen oder Internet, sei es in der Arztpraxis oder im Krankenhaus.
Aber so sehr die Angst ein bestimmendes Gefühl ist, so wenig wollen wir sie uns eingestehen: "Sprechen Sie meinen Mann bloß nicht auf seine Krankheit an", sagte mir neulich eine Frau im Krankenhaus - so als könnte man Angst kleinschweigen.
Tatsächlich ist es genau anders herum. Es ist hilfreich, seine Gefühle auszusprechen und ans Licht zu holen. Dann fange ich an, sie zu beherrschen, anstatt dass sie nur mich beherrschen. Dazu eine kleine Geschichte, die ich in dem Buch "Kopf hoch" von Volker Busch gefunden habe:
In dem Kindermärchen Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer von Michael Ende müsse die beiden ihr geliebtes Lummerland wegen Überfüllung verlassen. Also machen sie sich auf eine Reise durch die Welt. Dabei verirren sie sich in einer Wüste und erblicken plötzlich am Horizont eine riesige Gestalt. Trotz ihrer anfänglichen Befürchtungen entscheiden sie weiterzufahren. Zu ihrem Erstaunen wird der Riese immer kleiner, je näher sie ihm kommen. Als sie ihn erreichen, ist er zu einem hutzeligen, alten Mann herabgeschrumpft, der liebevoll lächelt und nichts Böses will. Die angstbesetzte Gestalt entpuppt sich als Scheinriese, der nur aus der Entfernung groß wirkt, sich jedoch bei der Betrachtung aus der Nähe als viel kleiner erweist und noch dazu von seiner Art völlig anders ist als befürchtet. Der scheinbare Riese stellt sich als Herr Tur Tur vor und hilft den Verirrten wieder aus der Wüste heraus.
Die Botschaft der Geschichte ist klar: Je mutiger man seinen Ängsten entgegentritt, desto kleiner werden sie und desto mehr kommen wir aus der Erstarrung zurück in ein selbstbestimmtes Handeln.