Gedanken für den Tag

Fri, 11 Dec 2020 08:43:33 +0000 von Pastor Ulrich Hillmer

Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich habe mit den Konfirmanden über Gott gesprochen und dass Bibel und Kirche nichts anderes sind als Sammlungspunkte für all die Erfahrungen, die Menschen zu unterschiedlichsten Zeiten mit Gott gemacht haben. Das war so allgemein gesprochen, eine konkrete Gotteserfahrung zu nennen, ist schwierig. Der eine weiß nicht, was überhaupt damit gemeint ist, für den anderen ist es zu persönlich, darüber zu sprechen. Ich konnte auch nicht ahnen, dass ich selber einen Moment später eine solche Gotteserfahrung machen würde.

Ich habe gesagt: Lasst uns mal versuchen, alle Gedanken und Vorstellungen von Gott in einem Bild zusammenzufassen. Und dann ging es los: Er muss schweben; er hat segnende Hände, er braucht starke Muskeln an den Armen..... Und dann hörte ich auf und spürte: Das geht nicht, was du hier machst. Es war nicht das Bilderverbot aus der Bibel, das mich abhielt. Den Unterschied hatte ich erklärt: Man darf nicht meinen, ein Bild sei Gott und es mit ihm gleichsetzen. Auch die Erinnerung einer Konfirmandin an die Aufregung der Muslime um die Mohammed-Karikaturen in Frankreich hat mich nicht gerührt - wir sind Christen und leben da in einer ganz anderen, freieren Glaubenstradition. Aber tief in mir drin spürte ich eine Stimme, die sagte: Du kannst über Gott nicht sprechen wie über jedes andere Unterrichtsthema. Auch über meinen Vater oder meine Mutter würde ich ja so nicht sprechen. Es war gar nicht so sehr, dass ich Gottes Würde meinte mit meinen bescheidenen Zeichenkünsten zu verletzen, mehr unsere tiefe Freundschaft. 
Und ich habe still den Wischlappen genommen und das Bild fortgewischt.
Bestätigen

Bist du sicher?